Besuch der Gedenkstätte Ravensbrück - Erinnerung und Mahnung zum Frauenmärz
In diesem Jahr haben wir im Rahmen des Frauenmärz Tempelhof-Schönebergs zu einer Gedenkfahrt eingeladen. Die Geschichte mahnt uns, die Schrecken der Vergangenheit nicht zu vergessen und aktiv gegen Faschismus und Unterdrückung einzutreten. Auf den Spuren von Frauen aus unserem Bezirk besuchten wir die Gedenkstätte Ravensbrück.
Um mehr zu erfahren, machten wir uns auf den Weg zur Ausstellung in der Gedenkstätte und luden öffentlich alle Interessierten dazu ein. Die Infrastruktur der Deutschen Bahn ließ uns jedoch im Stich, ein Lokschaden verzögerte unsere Ankunft um zwei Stunden. Gemeinsam mit einer Historikerin machten wir uns schließlich auf den Weg vom Bahnhof Fürstenberg zur Gedenkstätte. Der Weg entspricht dem historischen Leidensweg der Verschleppten und ist heute durch ein Schulprojekt mit gemalten Rosen markiert.
In dem Dorf Ravensbrück bei der Stadt Fürstenberg ließ die SS ab 1939 das größte Frauen-Konzentrationslager auf deutschem Gebiet errichten. Ursprünglich für 3.000 Gefangene gebaut, waren dort bis 1945 etwa 120.000 Frauen inhaftiert – mindestens 30.000 von ihnen überlebten das Lager nicht. Brutalität war allgegenwärtig: SS-Aufseherinnen prägten eine „Schule der Gewalt“. Die Insassinnen litten unter unmenschlichen Bedingungen – Krankheiten wie Typhus waren weit verbreitet, Zwangsarbeit war oft tödlich. Wer im Straßenbau, in einer Lederfabrik oder der städtischen Textilproduktion nicht leistungsfähig war, wurde bestraft oder ermordet. Zudem fanden grausame medizinische Experimente statt.
Dennoch wehrten sich viele Frauen so gut es ging gegen die Qualen des Lagerlebens. Trotz der Härten unterstützten sie sich gegenseitig, teilten das Wenige und bewahrten ihre Würde. Durch kleine, menschliche Gesten und Freundschaften schöpften sie Kraft. Es entstanden illegale Chöre, heimliche künstlerische Darbietungen, Gedichte und Gesänge – darunter das „Ravensbrück-Lied“, das unser Gedenken begleitete. Einige dokumentierten das Lagerleben heimlich in Zeichnungen. Ceija Stojka, eine der bedeutendsten Roma-Aktivistinnen im deutschsprachigen Raum, kam als Fünfjährige ins Lager. Sie überlebte und hielt ihre Erlebnisse später in Bildern fest. Auch die Résistance-Kämpferin Violette Lecoq hinterließ gezeichnete Zeugnisse des Schreckens.
Heute ist Ravensbrück eine Gedenkstätte mit Forschungszentrum. Die große Bronzestatue, die Olga Benario zeigt, wie sie eine Mitgefangene trägt, sowie Gedenkplaketten aus aller Welt erinnern an die Opfer. Wir gedachten der Frauen und legten Blumen nieder.
Zahlreiche politische Gegnerinnen des NS-Regimes wurden nach Ravensbrück deportiert: Résistance-Kämpferinnen, jüdische Frauen, Romnja und Sintizze, sowie Mädchen, die als „asozial“ galten. Eine Wienerin wurde etwa von ihrer Mutter als unangepasst und antiautoritär denunziert und als „Schlurfmädel“ ins Jugend-KZ eingewiesen.
Auch im Bezirksparlament (BVV) setzen wir uns für eine lebendige antifaschistische Erinnerungskultur ein. Eine Schönebergerin, die im Widerstand aktiv war, verhaftet und nach Ravensbrück verschleppt wurde, war Charlotte Uhrig. Wir stellten den Antrag, an ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Wartburgstraße eine Gedenktafel anzubringen (Drucksache 0397/XXI), leider ohne Mehrheit.
Schöneberg hat seit dem Verbot von Bordellen vor 150 Jahren einen Straßenstrich. Auch diese Menschen waren Stigmatisierung, Verfolgung und Repression ausgesetzt. Daher forderten wir ebenfalls ein Gedenken an diese Opfergruppe (Drucksache 1070/XXI). Der Antrag wurde beschlossen, die Umsetzung hängt jedoch noch von entsprechenden Forschungsergebnissen ab.
Der Tag hat uns gezeigt: Hoffnung und Solidarität können Kraft geben. Ein Licht, das selbst in dunklen Zeiten nicht erlischt. Der Kampf für ein besseres Morgen lohnt sich für eine gerechtere, freiere und menschlichere Welt.
Als Antifaschistinnen wollen wir wissen und sichtbar machen, wie dieses Unrecht organisiert war – und wer die Verantwortlichen waren. Antisemitismus, Rassismus und Sexismus sind Ausdruck fortbestehender Machtstrukturen in unserer Gesellschaft.
Wir müssen wachsam bleiben und Unrecht niemals hinnehmen. Denn die Konsequenz aus Gedenken und Erinnern heißt: Aufstehen, aufschreien und Widerstand leisten: gegen jede Form von Faschismus, Hetze und Ausgrenzung. Weil Mut am Ende immer zählt.
Wir werden die Fahrt wiederholen. Wenn du mitmachen oder mitorganisieren möchtest, melde dich und sei dabei.
Sarah, Julie, Carolin und Katharina