Deutsche Wohnen und Co-Enteignen: Gespräch mit Dr. Christine Scherzinger, der stadtpolitischen Sprecherin der Fraktion die LINKE in Tempelhof-Schöneberg

LUPE: Am 26. Februar hat die zweite Phase des Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co. Enteignen begonnen. Worum geht es da?

Christine Scherzinger: Richtig, am 26.Februar begann die zweite Runde der „Deutschen Wohnen und Co enteignen“ Kampagne. Das Ziel ist, dass es im September zu einem Volksentscheid kommt. Dafür braucht es viele Unterschriften, insgesamt an die 180.000 gültige Stimmen. Bei der Auftaktveranstaltung am Rathaus Schöneberg haben sich etliche Aktive aus den Kiezteams der Kampagne von Tempelhof Schöneberg versammelt.

Worum geht es? Die großen Immobilienkonzerne, die jeweils über 3000 Wohneinheiten verfügen, und seit Jahren u.a. in Berlin und auch hier in Tempelhof-Schöneberg ihr Unwesen treiben (wie Beispielsweise Deutsche Wohnen, Vonovia, Akelius und diverse Investment Fonds), sollen vergesellschaftet werden. Es ist kein Geheimnis, dass es diesen börsendotierten Unternehmen nicht um die Ausgestaltung eines angemessenen Wohnraums geht, sondern um ihre Profitmaximierung. Der Mensch ist zweitrangig und Wohnraum verkommt zur Spekulationsmasse. Aktuell erleben wir hier im Bezirk, dass der Konzern Akelius, der zunächst seine Wohnungen durch Share Deals bekommen hat und dadurch Grunderwerbsteuer als auch teilweise das Vorkaufsrecht umgehen konnte, seine Wohnungen wieder in Paketen verkaufen möchte. Dieses Geschäftsgebaren wird auf den Rücken der Mieter:innen ausgetragen. Das kann nicht sein. Da fordern wir auch vom Bezirksamt, genauer bei möglichen Share Deals hinzusehen und ggf. rechtliche Schritte einzuleiten.

Warum unterstützt DIE LINKE Tempelhof-Schöneberg die Kampagne?

Wir als Linke unterstützen das Ziel dieser Kampagne aus mehreren Gründen.

Erstens gibt es rechtliche Grundlagen für eine Vergesellschaftung von Wohnraum. In der Landesverfassung von Berlin beschreibt der Artikel 28 „das Recht auf angemessenen Wohnraum“ und dass das Land Berlin zu der Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, verpflichtet ist. Im Grundgesetz in Artikel 15 steht: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden“. Bei der Kampagne werden beide Artikel zusammengedacht und mit Leben gefüllt.

Ein zweiter Grund, warum wir diese Kampagne unterstützen, ist, dass wir eine Vision einer anderen möglichen Stadt teilen. Und das eint meiner Meinung nach viele Menschen und Betroffene, die sich an der Kampagne beteiligen und sich ihre Stadt zurückerobern wollen. Wir wollen als LINKE eine Stadt, in der die Menschen ihr Umfeld gestalten und nicht Investoren, die verstärkt, auch hier im Bezirk (EUREF, Wirtschaftswunder, Barbarossadreieck), als Stadtplaner auftreten und letztendlich mit ihrer wirtschaftlichen Logik die Stadtgestaltung steuern. Wir wollen eine Politik, die an der Basis ansetzt und Wünsche der Menschen vor Ort aufgreift und nicht nach oben hin orientiert ist.

Der dritte Grund, warum wir diese Kampagne unterstützen, ist, dass wir tagtäglich Nachrichten von Betroffenen aus dem Bezirk bekommen. Wir wissen, was es heißt, wenn Menschen konkret um ihren Wohnraum kämpfen, sei es beim Verkauf einer Immobilie oder bei Modernisierungen, und welche zeitlichen Ressourcen dafür notwendig sind. Es werden Ängste und Existenznöte offensichtlich, was nicht sein darf. Wir wollen, dass sich möglichst wenige Menschen in Zukunft um ihr Grundrecht auf Wohnen Gedanken machen müssen.

Was trägt DIE LINKE zum Erfolg des Begehrens bei?

Wir versuchen, all unsere Möglichkeiten auszuschöpfen. Wir machen Öffentlichkeitsarbeit, in der wir für die Ziele der Kampagne werben, und versuchen diese auch in unsere politische Praxis zu integrieren. Einige Mitglieder der LINKEN sind in den Kiezstrukturen der Kampagne im Bezirk eingebunden, was wichtig für einen effektiven Austausch ist. Wir organisieren auch immer wieder Unterschriftensammelaktionen und wir bieten Räumlichkeiten an: Unsere Bezirksgeschäftsstelle in Schöneberg (Feurigstr. 68) dient als Sammelstelle (siehe Foto), ebenso die Wahlkreisbüros der Abgeordneten Philipp Bertram in Tempelhof (Kaiserin-Augusta-Str. 75) und Harald Gindra in Marienfelde (Hildburghauser Str. 29).

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