Öffentliche Aufträge nur für gute Arbeit

Alexander King MdA

Alexander King in der Plenardebatte des Abgeordnetenhauses:

"Das Landesvergabegesetz stellt fairen Wettbewerb sicher, verhindert Wettbewerbsvorteile durch Lohndumping und ermöglicht es, unsere zentralen Anliegen – gute Arbeit, ökologische Nachhaltigkeit und Gleichstellung – im Wirtschaftsleben und damit auch in unserer Gesellschaft zu fördern."

Danke, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hat das Bürgergeld am Montag im Bundesrat gestoppt. Kollege Stroedter hat es gesagt. Und sie hat diese politische Großtat, die viele Menschen richtig übel im Regen stehen lässt, auch noch mit einer bösartigen Kampagne gegen die reichen Arbeitslosen begleitet. Das war wirklich unterirdisch.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Logisch ist Ihre Politik auch nicht, denn wer zu Recht der Meinung ist, dass es sich lohnen muss, arbeiten zu gehen, der kann eigentlich nichts dagegen haben, wenn unsere Koalition in Berlin die wenigen Instrumente, die die Politik hat, um Arbeitsbedingungen zu verbessern, nutzt, zum Beispiel, indem sie den Vergabemindestlohn erhöht.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Herr Gräff! Es gibt zwei Möglichkeiten, auf das Urteil von gestern zu reagieren. Man kann Chaos stiften und 90 Tage Stillstand provozieren, wie Sie das jetzt offenkundig versuchen, oder man kann weitermachen und die wichtigsten Vorhaben voranbringen, um die Lebensbediingungen gerade von denjenigen zu verbessern, die das jetzt am dringendsten brauchen. Das Urteil gibt das her, und das wird unser rot-grün-roter Weg sein.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Nun noch eine Bemerkung zu Ihrem Vorwurf in Richtung Senat, den Sie gerade so couragiert vorgetragen haben, der aber völlig substanzlos ist, denn die Entgeltverhandlungen haben sich nicht ohne Grund hingezogen. Wir hatten die Sondersituation steigender Energiepreise, das ist doch klar und leicht nachzuvollziehen, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das sagt nicht nur der Senat, das sagen alle Beteiligten. Vielleicht erkundigen Sie sich da mal!

 [Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Sie wollen den Vergabemindestlohn verschleppen, weil Sie die 13 Euro nicht wollen, zum Schaden vieler Arbeitnehmer in Berlin. Das sollten alle Berliner wissen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Nach Ihrer Logik kann es mit Reallöhnen und Sozialleistungen immer nur nach unten gehen, Hauptsache, der Abstand bleibt gewahrt. Das ist nicht sozial. Das ist nicht gerecht. Das ist zynisch. Die öffentliche Hand, das wurde auch schon gesagt, ist kein normaler Arbeitgeber, der rein marktwirtschaftlich rechnet, sondern einer mit gesellschaftlicher Verantwortung.

Diese ergibt sich in Berlin aus einem jährlichen Milliardenauftragsvolumen aus Steuermitteln. Das ist Marktmacht, und die wollen wir zum Wohle der Menschen, auch und gerade der Steuerzahler, nutzen. Deswegen gibt es völlig zu Recht Ansprüche an die Auftragnehmer im Hinblick auf Arbeitsstandards, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit, weil wir der Meinung sind, dass diese Kriterien für eine gute Entwicklung unserer Stadt wichtig sind, und weil wir dazu beitragen wollen, dass man in Berlin von seiner Arbeit leben können und auch keine Angst vor Altersarmut haben muss. Gerade jetzt ist das eine große Verantwortung in der Energiepreiskrise.

Mit einer Inflation von über 10 Prozent verlieren die arbeitenden Menschen derzeit einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens. Deshalb ist es richtig, dass das Land Berlin mit dem Vergabegesetz, mit höherem Vergabemindestlohn und der Tariftreueklausel, die, da bin ich jetzt mal optimistisch, hoffentlich bald in Kraft gesetzt wird, seinen kleinen Beitrag zur Stärkung guter Arbeit leistet.
Noch ein Wort zum Antrag der CDU: Sie stellen in Ihrem Antrag die Dinge auf den Kopf, verwechseln zum Beispiel Angebots- und Nachfragemärkte, so viel zur angeblichen Wirtschaftskompetenz der CDU, und Sie wollen Berlin regieren? – Lieber nicht!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Aber wichtiger als die Verirrungen in Ihren Anträgen sind die Entwicklungen im wahren Leben. Im Moment erleben wir im Bau nämlich das Kippen von einem Angebots- zu einem Nachfragemarkt. Lesen Sie mal die aktuellen Konjunkturprognosen und Verlautbarungen der Bauindustrie! Umsatz und Auftragseingang brechen ein. Insofern ist die Bauindustrie jetzt auch auf die öffentliche Hand als Nachfrager angewiesen und formuliert das ja auch. Die Bauindustrie ringt jetzt eigentlich wieder um öffentliche Aufträge.

[Christian Gräff (CDU): Das glauben nur Sie!]

– Lesen Sie doch mal die Verlautbarungen, natürlich ist das so! Wir haben 5 Prozent Umsatzeinbußen im Bau und 14 Prozent Rückgang bei den Auftragseingängen.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU) – Zuruf von der AfD: Das ist doch eine Lüge!]

– Dann lesen Sie doch mal die Presseerklärungen der Bauindustrie! Was heißt denn hier „Lüge“? Erkundigen Sie sich!

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Natürlich haben wir auch Probleme in der Auftragsvergabe. Das haben wir im Wirtschaftsausschuss gehört. Natürlich ist vieles zu kompliziert, viel zu umfangreich. Gerade für kleine Unternehmen, das wurde hier auch zu Recht gesagt, die keinen großen Verwaltungsapparat haben, ist das schwer zu bewältigen.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Die Verfahren zu entschlacken, zu vereinfachen und zu bündeln, ist wichtig. Genau das hat sich diese Koalition vorgenommen und auch schon begonnen, wie Sie wissen. Wir werden das auch fortsetzen. Aber wir müssen Folgendes unterscheiden: Viele der Probleme bei der Ausschreibung beziehungsweise den Leistungsbeschreibungen sind ja landesrechtlich gar nicht zu regeln, sondern folgen europarechtlichen Vorgaben. Einfach zu behaupten, Tariftreue, Mindestlohn oder der Nachweis eines Frauenförderplans seien komplizierte Kriterien und das größte Problem bei der Angebotserstellung, ist schlicht nicht sachgerecht.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) – Frank-Christian Hansel (AfD): Doch!]

Das Landesvergabegesetz stellt fairen Wettbewerb sicher, verhindert Wettbewerbsvorteile durch Lohndumping und ermöglicht es, unsere zentralen Anliegen – gute Arbeit, ökologische Nachhaltigkeit und Gleichstellung – im Wirtschaftsleben und damit auch in unserer Gesellschaft zu fördern. Deshalb muss und wird es selbstverständlich auch weiterhin ein fortschrittliches Landesvergabegesetz geben, perspektivisch auch mit einem höheren Mindestlohn. Das können Sie nicht ewig blockieren.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Bahar Haghanipour (GRÜNE)]