Rede beim antifaschistischen Gedenken an Robert Uhrig am 5. Februar in der Wartburgstraße in Schöneberg

Martin Rutsch

Vor achtzig Jahren wurde mit Robert Uhrig einer der wichtigsten Organisatoren des betrieblichen Widerstands gegen das Naziregime an diesem Ort verhaftet. Nach Martyrium im Konzentrationslager Sachsenhausen und Verurteilung durch den Volksgerichtshof wurde er am 21. August 44 im Zuchthaus Brandenburg ermordet.

Warum ist es wichtig, an Robert Uhrig und sein antifaschistisches Wirken zu gedenken? Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Konstantin Wecker ruft in seinem bekannten Lied dazu auf Nein zu sagen, wenn „ganz unverhohlen mit bewährten Kriegsparolen sie scheinheilig zum Höchsten beten und das Recht mit Füßen treten“. Robert Uhrig hat Nein gesagt und aus diesem Wort lebendig Tat gemacht. Er ist zweifelsohne Vorbild - ein Mensch, der richtig handelte in der finstersten Zeit von Krieg und Faschismus.

Doch etwas Anderes ist mindestens genauso wichtig: Uhrig war Kommunist und hat seine politische Gesinnung nie verloren. Es ist kein Zufall, dass im kollektiven Gedächtnis, insbesondere in der Bundesrepublik, der Name und das Wirken der Uhrig-Gruppe wenig bekannt sind. Geschichte und Erinnerung unterliegen immer politischen Weichenstellungen und gerade der Antikommunismus der Bundesrepublik hat das Wirken des kommunistisch-betrieblichen Widerstands nie aus Überzeugung gewürdigt. 

Dies ist unsere Aufgabe. Antifaschismus bildet das Rückgrat einer Demokratie. Menschen wie Robert Uhrig kämpften und starben für ein freies und demokratisches Deutschland, frei vom Joch des Faschismus. Heute ist dies dringender wie nie zuvor. Brechts Eindruck, dass „der Schoß fruchtbar noch, aus dem das kroch“, bleibt angesichts einer organisierten Rechten in den Parlamenten, auf den Straßen und im Netz richtig. Der politische Antifaschismus steht gerade jetzt vor gewaltigen Aufgaben:

Die jetzt junge Generation wird die letzte sein, die Zeitzeugen persönlich kennenlernen durfte. Kein Geschichtsbuch, kein Film, kein Dokument ist so nahegehend wie ein persönlich geschildertes menschliches Schicksal. In solchen Momenten wandelt sich Wissen in tiefe Überzeugung. Wir, die Nachgeborenen, haben die Pflicht, diese tiefe Überzeugung weiterzugeben. Und dabei ist es besonders wichtig, dass wir bei aller medialen Aufarbeitung die Lücken im kollektiven Gedächtnis schließen.

Das Leben und Wirken von Robert Uhrig und seinen Genossinnen und Genossen bleibt erhalten. Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt, sagt Bertolt Brecht. Wir halten Robert Uhrig und sein Werk am Leben - in unseren Gedanken, durch unsere Worte und mit unseren Taten.