Bundeswehr wirbt als „Stadtfest-Partner“ auf dem jährlichen Lesbisch-schwulen Stadtfest am Nollendorfplatz - Kein Werben fürs Sterben!

Stanislav Jurk, Bezirksvorsitzender, Die Linke Tempelhof-Schöneberg

Pressemitteilung

„Gleiche Rechte für Ungleiche – weltweit!“ ist das Motto des Stadtfestes. Zum 30. Jubiläumsjahr sind auch wieder verschiedene „Stadtfest-Partner" dabei: „Ihr Auftritt – im Herzen der Stadt!“, mit „mehr als 350.000 Gästen, Tendenz steigend“. „Passgenaues“ und „maximales“ Marketing: „Zeigen Sie sich!“, „Absolut auffällig!“ (Video-Großleinwand) und „Erreichen Sie Hunderttausende“. „Besuchen Sie unsere zahlreichen Partner auf dem Lesbisch-schwulen Stadtfest und lernen Sie ihre Dienstleistungen und Produkte kennen!“. Der Clou an der Sache: Man darf auch die „Dienstleistungen“ und „Produkte“ der Bundeswehr kennenlernen. Die ist nämlich auch „Stadtfest-Partner“.

Die Linke Tempelhof-Schöneberg kritisiert die Partnerschaft mit der Bundeswehr: „Man muss kein Freund der Kommerzialisierung und Vermarktung des Lesbisch-schwulen Stadtfestes sein. Man muss auch nicht alle Partnerschaften des Stadtfestes befürworten, seien es die Medienpartner im Rahmen der Finanzierungsstrategien oder das Grußwort des regierenden Bürgermeisters Kai Wegner, der für vieles steht, nur nicht für eine fortschrittliche Politik. Es ist richtig und wichtig, die Anliegen der LGBT*-Szene nach Sichtbarkeit und Gleichberechtigung zu unterstützen. Was aus Sicht der Linken aber gar nicht geht, ist der Raum für Werbung der Bundeswehr! Das ist für uns eine rote Linie. Werbung für die Karriere bei der Bundeswehr heißt: Werben fürs Sterben. So sehr wir als Linke für Gleichberechtigung einstehen, eine Beteiligung der Linken Tempelhof-Schöneberg am Lesbisch-schwulen Stadtfest ist mit der Bundeswehr als "Stadtfest-Partner" unvereinbar!“, Stanislav Jurk (Bezirksvorsitzender Die Linke Tempelhof-Schöneberg).

Die Bundeswehr präsentiert sich seit einigen Jahren als „Stadtfest-Partner“ auf dem Lesbisch-schwulen Stadtfest wie bei vielen anderen Stadtfesten der Republik auch. Der Grund? Anhaltender Personalmangel in der Truppe! Um dem entgegenzuwirken, präsentiert sich die Bundeswehr als vermeintlich zeitgemäßer Arbeitgeber, verspricht ein spannendes Tätigkeitsfeld und stellt sich als Garant für weltweite Demokratie und Verteidiger der Menschenrechte dar. Doch für uns ist die Bundeswehr weder ein normaler Arbeitgeber, noch ein authentischer Partner im Ringen um Menschenrechte und die Gleichstellung von queeren Lebensentwürfen. „Eine Armee, die in wenigen Jahren 'kriegstüchtig' hochgerüstet werden soll und gleichzeitig über Jahrzehnte rechtsradikale Kameraden in den eigenen Reihen verschleiert, ignoriert und damit toleriert hat, ist für uns als Friedens -und Demokratie-Garant unglaubwürdig, auch wenn queere Soldat*innen ihre Nische in der Truppe heute finden dürfen.”, so Katharina Marg, frauen- & queerpolitische Sprecherin der Fraktion der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg.

In Zeiten der ausgerufenen „Kriegstüchtigkeit“, der verheerenden Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, bei rasant steigenden Rüstungsexporten und gar der Diskussion um die Entsendung von Soldaten europäischer Länder in die Ukraine, ist es auch die Verantwortung von zivilgesellschaftlichen Akteuren, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Nicht nur gegenüber der Gesamtgesellschaft, sondern auch gegenüber der eigenen LGBT*-Szene. Wir als Die Linke Tempelhof-Schöneberg können trotz der ausdrücklichen Unterstützung der Anliegen der LGBT*-Szene nach Gleichberechtigung, eine indirekte Zusammenarbeit zwischen Veranstalter und Bundeswehr nicht ohne Kritik stehen lassen: „Wir als Bezirksverband beteiligen uns aktiv an den Aktionen der Friedensbewegung, gehen auf Anti-Kriegs- und Friedensdemos, engagieren uns gegen das Werben der Bundeswehr an und vor den Schulen und unterstützen unseren in dieser Thematik sehr aktiven Jugendverband. Das schließt die Unterstützung des Lesbisch-schwulen Stadtfestes mit der Bundeswehr als „Stadtfest-Partner“ für uns aus. Alles andere wäre nicht nur unglaubwürdig, sondern auch mit unseren Positionen unvereinbar. Das ist ausdrücklich keine Absage an die LGBT*-Szene. Die unterstützen wir, selbstverständlich. Unsere friedenspolitischen Positionen haben aber denselben Stellenwert und für diese stehen wir ein. Glaubwürdigkeit heißt, auch dann Stellung zu beziehen, wenn es weh tut. Wir appellieren an die Veranstalter, die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr abzulehnen. Ebenso rufen wir alle am Stadtfest beteiligten Personen und Gliederungen der Partei Die Linke auf, ihre gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der LGBT*-Szene zu nutzen und von der Abweisung der Bundeswehr zu überzeugen.“, Stanislav Jurk (Bezirksvorsitzender Die Linke Tempelhof-Schöneberg).

Die Linke Tempelhof-Schöneberg wird dazu einen Antrag für den nächsten Landesparteitag im Oktober vorbereiten, damit in Zeiten der ausgerufenen „Kriegstüchtigkeit“ die friedenspolitische Sensibilität gewahrt bleibt. Kein Werben fürs Sterben – Glaubwürdigkeit braucht Haltung! Konsequent!