Gesundheitsamt im Coronamodus

Elisabeth Wissel
Die Lupe

In einer Großen Anfrage (Drs. 1839) stellte DIE LINKE kritische Fragen an das Bezirksamt bezüglich des Einsatzes von Bundeswehr-Soldat:innen, den wir befremdlich und unverständlich finden. Bundeswehrsoldat:innen werden mit Aufgaben betreut, die eindeutig in den zivilen Bereich des Gesundheitsamtes gehören. Eine militärische Struktur im Gesundheitsamt zuzulassen, die einer aufgezwungen Akzeptanz gleichkommt, ist nicht hinnehmbar. Die Unterbesetzung des Gesundheitsamtes ist nicht neu, aber es zeigt sich jetzt in einer Krise, dass es fatal war, in der letzten Legislaturperiode Personal abzubauen. Dazu die Bezirksverordnete Katharina Marg (DIE LINKE): „Der Wettbewerb im Gesundheitswesen allgemein nimmt das Gesundheitsamt mit seiner KLR (Kostenleistungsrechnung) nicht aus“. Personal fehlt, das nun aus mehreren Ämtern zusammengeklaubt wird und wurde. 23 Mitarbeitende aus anderen Abteilungen (tatsächlich anwesend 15) und aktuell 32 Mitarbeitende der Bundeswehr sowie zwei Scouts des Robert-Koch-Instituts verstärken derzeit das Gesundheitsamt. Es ist aus unserer Sicht fachlich unsinnig, denn erforderlich ist branchen-qualifiziertes Personal und nicht betriebsfremde Lückenbüßer.

Nun hat sich auch noch herausgestellt, dass ihr jeweils dreitägiger Einsatz völlig ungeeignet ist und eher den Ablauf behindert (so Bezirksbürgermeisterin Schöttler im Hauptausschuss). Man hätte dazu aufrufen können, dass das Gesundheitsamt Medizinstudent:innen, Freiwillige vom THW oder sonstiges medizinisches Personal sofort temporär einstellt.

Dass die Gesundheitsämter ihrer Arbeit auch ohne Militär nachkommen können, zeigt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (FK), der einen Einsatz der Bundeswehr zu Recht abgelehnt hat und über 70 Personen aus dem zivilen Bereich eine einjährige Einstellung möglich gemacht hat. Einstellungen von medizinischem Personal, so Stadtrat Schworck (SPD), werden erst durch die Bereitstellung von Senatsmitteln ermöglicht, das solle ab diesem Monat dann geschehen. FK war diesbezüglich weitsichtiger. DIE LINKE kritisierte, dass dies ein Versuch sei, die Bundeswehr als gemeinnützige Organisation zu etablieren, was sie in Wirklichkeit nicht ist. Denn es ist eine schleichende Vermischung ziviler und militärischer Kompetenzen, die aus Gründen der Bewahrung der Demokratie und vor dem historischen Hintergrund der Erfahrungen mit dem deutschen Militarismus eindeutig abzulehnen ist. AfD, FDP, CDU, SPD und Grüne stehen voll hinter dieser Maßnahme und haben keinerlei Bedenken. Es ist unverantwortlich, wenn Bundeswehrsoldaten in heiklen Bereichen mit Daten von Patientinnen und Patienten zu tun haben, wo die betroffenen Menschen vor allem Vertrauen und Schutz erwarten.

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Vertrauens-Missbrauch innerhalb der Bundeswehr geschieht, wie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder in den Medien berichtet. Die Soldat:innen arbeiten in militärischer Kluft, was ihre Distanz zu den sonstigen Beschäftigten noch mal verdeutlicht. Wir wollen in allen Bereichen der bezirklichen Verwaltung keine autoritäre Hilfe von der Bundeswehr. Die bezirklichen Gesundheitsämter müssen auf Krisensituationen vorbereitet sein und Vorsorge treffen.

Elisabeth Wissel