Joboffensive für „arbeitsnahe Kunden“

Seit einem Jahr laufen die Beratungen in den JobCentern (JC) für das zweijährige Arbeitsmarktprogramm Joboffensive auf Hochtouren. Das Ziel ist, viele „arbeitsnahe Kunden“ (70.000 berlinweit) in den ersten Arbeitsmarkt, in den zwei Drittel der finanziellen Fördermittel fließen, zu integrieren. Allein für diese Maßnahme  wurden in 2011 im Bezirk 30 zusätzlich befristete Stellen für die Erhöhung des Betreuungsschlüssels geschaffen und extra Räume angemietet. Von vielen Vermittlern erhofft sich das JC viele Vermittlungen. Tatsächlich wirken sich die Umstrukturierungen nicht unbedingt zum Vorteil der ALG-II-Betroffenen aus. Sie bedeuten z.B., dass die Arbeitssuchenden öfters einbestellt werden und infolge der Kontaktdichte auch die Konflikthäufigkeit zunimmt. So konnte seit dem letzten Jahr ein Anstieg von Sanktionen beobachtet werden. Nach Auskunft des JC haben Sanktionen und Überprüfungsanträge an Bedeutung gewonnen (2010: 118 eingereichte Klagen, 2011: 152). Ein wirkliches Jobwunder, wie es eine Zeitung im  Januar darstellte, ist die Joboffensive so allerdings nicht. Die Arbeitslosen-Zahlen lagen in unserem Bezirk im Dezember 2011 bei 15.161 und im Januar 2012 bei 16.486. Die Arbeitslosen-Quote liegt wie im Januar 2010 und 2011 bei 9,6%, von kleinen Schwankungen innerhalb des Jahres abgesehen, wo die Quote etwas höher lag als im Vorjahresmonat. Nichtsdestotrotz konnten berlinweit über 28.000 Menschen in Jobs vermittelt werden und, laut Geschäftsführerin des JC, im Bezirk 349. Diese Zahl beinhaltet ohne Differenzierung jegliche, in der Mehrzahl am Existenzminimum entlohnte, befristete Jobs. Unter diesen Bedingungen drängen sich auch immer mehr die Zeitarbeitsfirmen nach „Kunden“ von den JC. In die Statistik fallen auch Jobs, die nur sieben Tage andauern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des JC stehen unter Erfolgsdruck. Die ALG-II-Betroffenen müssen nach wie vor jeden angebotenen Job annehmen, wenn sie sich nicht Sanktionen aussetzen wollen. Auch die Joboffensive ist ein weiteres Zwangssystem, das die Betroffenen entmündigt und krank macht.

Elisabeth Wissel