Kulturelles...

Marianne Lampel

Buchtipp:

Im September vor genau 50 Jahren versuchte Salvador Allende als erster demokratisch gewählter Präsident in Chile eine sozialistische Gesellschaft zu etablieren.

Rechtzeitig zu diesem Anlass erschien die Neuauflage dieses Buches:

Orlando Mardones "Mensch, du lebst noch" - Ein chilenischer Arbeiter erzählt von der Zeit Allendes und Pinochets

In seiner Autobiographie schildert Orlando Mardones, wie er in ärmlichsten Verhältnissen aufwächst und mit 14 Jahren bereits auf sich selbst gestellt ist. Er entwickelte gerade deshalb ein ausgeprägtes politisches und gesellschaftliches Bewusstsein. Als Gewerkschafter und Kommunist in einer großen Firma erlebte er die Wahl Allendes und die daraus resultierenden sozialistischen Umwandlungen in Chile. Salvador Allende war der Kandidat der Unidad Popular, in der Sozialisten und Kommunisten die Mehrheit hatten.

Als Augusto Pinochet den von den USA geförderten Putsch mit militärischen Mitteln durchsetzte, wurde Orlando Mardones inhaftiert. Er überlebt Folter und Haft. Als ehemals politischer Gefangener konnte er nach seiner dreijährigen Haft nicht mehr Fuß fassen in Chile und lebt heute in Berlin.

Ein aufklärendes und berührendes Buch!

Verlag: Edition AV

Die Jahre von Allende – als Graphic Novel

Den Prozess der intensivsten tausend Tage in der Geschichte von Chile spürt ein amerikanischer Journalist vor Ort noch einmal nach.

Angesichts der Komplexität der Geschichte kann dieses Buch in Form eines Comics als Einstieg betrachtet werden.

Carlos Reyes/Rodrigo Elgueta

Verlag: bahoe

Rolf Hochhuth – verstorben 13.05.2020

Dieser deutsche Theaterdramatiker hatte sich die deutsche Geschichte zum Lebensthema gemacht. Typisch für sein dokumentarisches Theater ist die umfangreiche Recherche realer Begebenheiten.

1963 mit nur 26 Jahren wurde er bekannt durch sein Stück „Der Stellvertreter“. Hier klagte er Papst Pius XII an, während der Nazizeit zur Verfolgung der Juden geschwiegen zu haben, selbst dann, als römische Juden nach Ausschwitz transportiert wurden.

Das Stück löste heftige Kontroversen aus in der römisch-katholischen Kirche. Es wurde jedoch ein Welterfolg sowohl als Theaterstück und auch als Kinofilm.

Hochhuths größter Erfolg war der Sturz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger. In seiner Erzählung „Eine Liebe in Deutschland“ berichtet er, wie Filbinger als Marinerichter und NSDAP-Mitglied im Fall eines fahnenflüchtigen Matrosen auf die Todesstrafe gedrängt und bei der Exekution acht Wochen vor Kriegsende 1945 persönlich den Schießbefehl gegeben hatte. Später wurden noch drei weitere Todesurteile bekannt. Sogar noch nach der Kapitulation hatte er gegen einen Kriegsgefangenen, der sich das Hakenkreuz abgerissen hatte, sechs Monate Freiheitsstrafe wegen „Gesinnungsverfalls“ verhängt. Als Filbinger 1978 zurücktreten musste, wehrte er sich mit dem Satz „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein“. Er durfte dennoch weiterhin CDU-Mitglied bleiben bis 2004.

Rolf Hochhuth hinterlässt ein umfangreiches Werk, das in dieser Art einmalig ist.
Marianne Lampel