Zählgemeinschaftsvereinbarung zwischen Grünen und SPD in Tempelhof-Schöneberg

Elisabeth Wissel

Mit der Konstituierung des Bezirksamts am 17.11. durch die BVV kann es nun mit der Kommunalpolitik in Tempelhof-Schöneberg los gehen. Dabei wird vor allem die Zählgemeinschaft, bestehend aus Grünen und SPD, den politischen Kurs mit ihren thematischen Schwerpunkten im Bezirk bestimmen. Allerdings ist auch die CDU mit zwei Stadträten vertreten, die ebenfalls Einfluss auf Entscheidungen des Bezirksamts nehmen werden.

Die Wähler:innen haben hohe Erwartungen und man darf gespannt sein, wie die vielen Bekenntnisse in dem 19-seitigen Papier auch umgesetzt werden. Die benannten Absichten sind der BVV schon seit Jahren bekannt und warten auf Umsetzung, wie der BVV-Beschluss „Moratorium zur Verlagerung des Wenckebach-Klinikums“.

Das Wenckebach-Klinikum (WBK) mit seinen über 400 Betten war ein kommunales Krankenhaus, bis es von der Vivantes GmbH 2001 - inzwischen der größte kommunale Krankenhauskonzern in Deutschland - als landeseigenes Unternehmen übernommen wurde. Grüne und SPD fordern in ihren Vereinbarungen eine stärkere Einbindung bei der Planung, und eine Bedarfsanalyse soll auf Landesebene „angeregt“ werden. Das ist natürlich alles andere als eine klare Aussage zum Erhalt des Krankenhauses.

DIE LINKE konnte jedoch mit der SPD zumindest folgendes vereinbaren: „Wir stehen zu unserem Beschluss aus der vergangenen Wahlperiode, erst in die Planungen eingebunden zu werden, bevor weitere Fakten geschaffen werden, wie die Verlagerung von Kapazitäten ins AVK (Auguste-Viktoria-Krankenhaus).“ Gegenwärtig ist es schon so, dass ohne Zustimmung des Senats Kapazitäten ins AVK verlagert werden und Vivantes verantwortungslos die Zerschlagung des Krankenhaus-Standortes WBK betreibt. Neben der Initiative zum Erhalt des Standortes muss es zukünftig vor allem von Ver.di Berlin Unterstützung geben. Die Zählgemeinschaftsvereinbarungen sollen vor allem eine politische Richtungsorientierung geben. Entscheidend sind dabei die Finanzen.

Der Bezirks-Haushalt, von dem lediglich 5-7% der Globalsumme an die Bezirke zur freien Verfügung steht, ist dabei entscheidend, welche Ausgaben getätigt werden können. Klar ist schon jetzt, dass die Zuweisung aus dem Land geringer als zuvor ausfallen wird.

„Oberstes Ziel ist, dass die freien Stellen besetzt werden“, und davon gibt es mehrere Hundert in den einzelnen Fachbereichen. Doch gerade die Personalgewinnung im Bezirk war in der Vergangenheit sehr schwierig: u.a. wegen sehr langer Einstellungszeiten und Abwanderung von Fachkräften in den Landesdienst wegen besserer Bezahlung. Eine konstruktive Änderung ist hier nicht zu erwarten. Der Haushalt soll entlastet werden und man will stärker auf Förderprogramme zurückgreifen. Auch soll eine positive KLR-Bilanz (Kosten-Leistungs-Rechnung) durch Ausweitung der Angebote erreicht werden. Das ist jedoch ein Wunschdenken, denn wenn das Personal fehlt, wie beispielsweise in den Bibliotheken, dann können die Öffnungszeiten nicht eingehalten und keine Mengen geschrieben werden. Wirtschaft, Industrie und Gewerbe werden besonders hervorgehoben, bzgl. Wirtschaftsförderung und Gewerbe-Flächenerhalt. Besser wäre, sich konsequent für den Arbeitsplatzerhalt einzusetzen, wie beispielsweise bei Daimler in Marienfelde.

Im Bereich Schulen ist erfreulich, dass weitere Gemeinschaftsschulen entwickelt werden sollen, und „alle Schulen sollen umgehend ans Breitbandnetz angeschlossen werden“. Diese Forderungen sind allerdings nicht neu und warten seit langem schon auf Umsetzung. Viele Absichtserklärungen finden sich auch im Verkehrsbereich/Ordnungsamt, in dem die neue Grünen-Stadträtin gefordert sein wird. Das war bisher von der Bilanz her der Bereich, der am schlechtesten abschnitt, insbesondere was Fahrradwege anbelangt. Viele Punkte im Abschnitt: Stadtnatur, Ökologie, Grünflächen findet DIE LINKE unterstützenswert.

Das Problem liegt allerdings im Detail. Bei der Reinigung von Grünanlagen ist zwar ein höherer Reinigungsintervall angedacht, jedoch die Vergabe geht an private Firmen, die gerade einmal den Mindestlohn zahlen. Ein Hoffnungsschimmer liegt bei der Rekommunalisierung der Schulreinigung, die schrittweise eingeführt werden soll, die ist allerdings an Bedingungen des Senats geknüpft. Vorausgegangen war in vielen Bezirken ein Einwohnerantrag „Saubere Schulen“, der die schrittweise Umsetzung zur Rekommunalisierung fordert. Unter „bezahlbares Wohnen“ findet sich nur ein Satz: Für bezahlbares Wohnen werden die Regelungen zum Milieuschutz konsequent zur Anwendung gebracht. Das ist bedeutend zu wenig.

Wichtig wäre die Forderung, dass die Städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften einen Vorrang für Wohnungsbau für kostengünstiges Wohnen bekommen sollen, denn das wird gebraucht. Was fehlt sind Verbesserungen für soziale Leistungsbezieher:innen für schnelle unbürokratische Hilfen; eine Ombudsstelle für das JobCenter (wie dies DIE LINKE in einem Beschluss erwirkte) wird ohne Druck von außen mit der CDU, die für dieses Ressort zuständig ist, schwierig umzusetzen sein.

Einen Maßnahmenplan zur Einsparung von Energie und CO2-Emissionen soll ein jährlicher Energiebericht bringen. Ob dies im Einzelfall eingehalten wird, ist offen, wie so vieles auch in anderen Bereichen  DIE LINKE und die Bürgerinnen und Bürger werden jedoch nicht locker lassen, gemeinwohlorientierte Politik von der Zählgemeinschaft einzufordern.

Elisabeth Wissel