§ 12a Sozialgesetzbuch II "die Zwangsverrente"

Als Wahlgeschenk und medienwirksam hat die große Koalition der Bundesregierung am 1. Juli 2014 für einen (kleinen) Teil der Bevölkerung die Rente mit 63 eingeführt: Arbeitnehmer/innen mit 45 Beitragsjahren dürfen dann bereits mit 63 den Ruhestand genießen - ohne Abschläge von ihrem Altersgeld. Und das, obwohl im Jahr 2007 das allgemeine Rentenalter auf 67 Jahre heraufgesetzt wurde.

Arbeitnehmer/innen ohne 45 Beitragsjahren können ebenfalls mit 63 Jahren in die Rente, in die so genannte Frührente. Wenn sie:. – 1.: dies möchten und – 2.: bereit sind, einen Abschlag von 0,3 Prozent pro fehlendem Monat an der Regelaltersrente in Kauf zu nehmen. Und dies dann Lebenslang – bis zum Tod.

Seit dem Sommer 2013 wird auch die so genannte „Zwangsverrentung“ umgesetzt, und zwar für alle Hartz-IV-Bezieher/innen, die das 63. Lebensjahr erreichen. Sie werden vom JobCenter aufgefordert, unverzüglich einen Antrag auf Frührente zu stellen. Also mit 63 Jahren auf Rente zu gehen, mit den damit verbundenen Abschlägen. „Sollte die Beantragung von Altersrente von Ihnen nicht vorgenommen werden, wird diese zur Vermeidung von Fristversäumnissen vom JobCenter veranlasst“, so dass zuständige JobCenter.

Die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise wurde von Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im Dezember 2013 bestätigt. Und: Die Höhe der zu erwartenden Altersrente sei "dabei nicht zu prüfen". Bis heute sind bundesweit bereits Zehntausende Bürger in Zwangsrente geschickt worden.

Das Ganze erweist sich für die Bundesregierung als ein gigantisches Rentenkürzungsprogramm.
Konkret! Ein 1000,- Euro Rentenbescheid (ab 65 Jahren) wird gekürzt für die heute 63-Jährigen auf 913 Euro. In 13 Jahren bekommt der betroffene Rentner nur noch 856 von seinem 1000er-Rentenan­spruch. Wenn alles so bleibt wie heute und nicht weiter an der Kürzungsschraube gedreht wird!

Reicht die Rente nicht zur Existenzsicherung, kann weder ergänzend ALG II noch die „Grundsicherung im Alter“ bezogen werden. Es bleibt nur noch die Sozialhilfe. Dann können aber die Kinder der Antragsteller herangezogen werden (Unterhaltsrückgriff). Und auch der Vermögensfreibetrag liegt mit

1.600 Euro deutlich unter denen der ALG II.

Außerdem hätten diese Frührentner/innen bis zum 65. Lebensjahr keinen Anspruch auf die staatliche Grundsicherung im Alter, wenn ihre Rente nicht zum Leben reicht. Sie müssten dann Sozialhilfe beantragen, bei der geringere Vermögensfreibeträge und Einkommensfreigrenzen gelten.

Denn die Möglichkeit zur Zwangsverrentung trat bereits 2008 in Kraft. Die schwarz-rote Koalition, in der Peer Steinbrück unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel immerhin Finanzminister war, hatte die sogenannte 58er-Regelung nicht verlängert.

12a Sozialgesetzbuch II, besser bekannt als Hartz-IV-Gesetz, begann zu greifen. Rentengerechtigkeit sieht anders aus
Seit Jahresbeginn werden zunehmend Frauen und Männer vom Jobcenter aufgefordert, die vorgezogene Altersrente zu beantragen. Der Grund: Die oben beschriebenen Altfallregelungen liefen mit Jahresende 2012 aus. Damit entkamen bislang die Personen einer Zwangsverrentung, die vor dem Stichtag Silvester 2007 bereits 58 Jahre oder älter waren. Wer nun, seit Januar 2013, den 63. Geburtstag feiert und nicht in Lohn und Brot steht, bekommt vom Jobcenter automatisch die Aufforderung zur Frühverrentung. Wie viele Menschen genau davon betroffen sind, darüber gibt es keine Auskünfte. 
Berlin, 11. November 2014

Jürgen Dahl'
Michael Beckmann