Ausgerechnet Lichterketten!

Cristophe Immer

Verzweifelte Randbemerkungen zu den aktuellen Protesten „gegen rechts"

Im Kerzenschein der Lichterketten, des bürgerlichen Protestes nach den faschistischen Pogromen Anfang der 90, wurde das Grundrecht auf Asyl de facto abgeschafft. *
Dem folgten alle paar Jahre weitere Massenproteste „gegen rechts". Erwartungsgemäß wurde leider aus dem „Aufstand der Anständigen" vor zwei Dekaden kein anständiger Aufstand. Dafür wurde in der Zwischenzeit die AfD medial hofiert und normalisiert, die Diskursverschiebung nach rechts befördert: und die Parallelität der aktuellen Protestrunde und des „Rückführungsverbesserungsgesetzes" (osä.) wird auch nicht überraschen. 

Was dann doch überrascht ist die Dreistigkeit der bürgerlichen Heuchelei. Als hätte man vor den ‚correctiv'-Enthüllungen nicht wissen können, wes Geistes Kind die alten und neuen Faschos, die sich in Potsdam trafen, sind. Und so ging und geht man mal wieder auf die Straße. Aus unterschiedlichsten Motiven, die von Angst um den Ruf des Wirtsschaftsstandorts Deutschland bis zu Angst um das eigene Leben reichen.

Und so fand man sich dann auf Demonstrationen wieder, die auch der Bundeskanzler heimsuchte. Das allein sollte zu denken geben. Und der kleinste gemeinsame Nenner der Proteste - gegen die AfD - kann der uns genügen?

Dass diese Proteste der Selbstvergewisserung (und nicht mehr) dienen, ist dennoch kein Grund, sich nicht aktiv einzubringen. Wie wir es taten und tun, als Partei Die Linke, als AntifaschistInnen. Wissend, das der antifaschistische Kampf leider ein andauernder ist, aber mehr umfasst als den Minimalkonsens „gegen rechts"; wissend, dass Antifaschismus zwingend
die gesellschaftlichen Bedingungen, die ein (Wieder-) erstarken des Faschismus ermöglichen angreifen muss. Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen, so Horkheimer 1939. Die Linke beteiligt sich an den Protesten gegen die AfD. Natürlich. Als antifaschistische Partei. Aus antifaschistischer Motivation.
Cristophe Immer

(*)Das sogenannte „Sonnenblumenhaus" in Rostock Lichtenhagen, dessen Einwohner, überwiegend vietnamesische ehemalige Vertragsarbeiter, mit 
Molotowcocktails attackiert und diese Attacken von tausenden Zuschauern beklatscht wurden, steht dabei symbolisch für die Asyldebatte der frisch
vereinigten Bundesrepublik.
S.J.