Bezirkshaushalt: Droht 2015 der “Konsolidierungsbezirk”?

Das ist der Zustand von Bezirken, die keinen ausgeglichen Haushalt mehr vorlegen können und sich dann Ausgaben vom Finanzsenator genehmigen lassen müssen. Wie kann das sein? Im Frühjahr rief der Finanzsenator Tempelhof-Schöneberg noch zum “reichsten Bezirk” in Berlin aus. Ein Widersinn, den das “Budgetierungssystem” für die Bezirke möglich macht.

2011 und 2012 hat der Bezirk Budgetgewinne realisiert. Diese federn den zu knappen Finanzrahmen für 2013 und 2014 noch ab. Erreicht wurde dies im wesentlichen durch Personaleinsparungen (Stellenstreichungen oder monatelange verzögerte Neubesetzungen) und dadurch, dass freie Investitionsmittel nicht ausgeschöpft wurden. Damit ist aber jetzt Schluss. Der Personalstand hat riesige Lücken u.a. bei Gesundheitsamt, Stadtentwicklung, Bauabteilung.

Deswegen rechnet niemand mehr mit “Überschüssen” in 2013, was sich mit einem unterfinanzierten Haushalt 2015 niederschlagen wird.

Scheitert Gebäudemanagement?

Strukturell ist der Haushalt schon länger unterfinanziert. Ein Grund: Der Bezirk hat quer durch alle Leistungen höhere Infrastrukturkosten (für Gebäude – viele alte, teilweise denkmalgeschützt) als die meisten anderen Bezirke.

Das Bezirksamt will dazu schon seit längerem Gegensteuern mit Konzentration und Modernisierung der Verwaltung an weniger Standorten. Bis Ende 2014 soll das Rathaus Friedenau leergezogen und an die BIM abgegeben werden – das soll eine Einsparung von über 1 Mio. € jährlich bringen. Das damit verbundene Großprojekt “Ertüchtigung” der Rathäuser Schöneberg und Tempelhof birgt aber große Risiken für die nächsten Jahre: Aktuell wird die Gesamtsanierung nur des Rathauses Schöneberg schon auf 31 Mio. € geschätzt: Ein Baudenkmal, bei dem Brand- und Denkmalschutz hohe (und teure) Anforderungen stellen. Die Bauabteilung ist chronisch unterbesetzt und schon im Rückstand. Es kann gut passieren, dass dann 2015 statt Einsparungen, Mehrkosten für die Zwischenanmietung von Büroräumen notwendig werden. Außerdem ist das Gesamtkonzept bei jährlich knapp 6 Mio. € freien Investitionsmitteln nicht ausfinanziert. Es wird den Bezirk Jahr für Jahr zwingen, den Großteil der Investitionsmittel weiter in die Bürodienstgebäude zu stecken. Was bleibt für Schulen, Sportstätten und Bibliotheken?

DIE LINKE hat gegen den Haushalt gestimmt.

Die bezirkliche Infrastruktur – mit Ausnahme der Rathäuser – wird noch schärfer auf “Verschleiß” gefahren, gerade auch bei Schulen:

Für die Gustav-Heinemann-Schule bekommt der Bezirk einen notwendigen Neubau vom Land direkt finanziert. Auch bei dem jahrzehntelang vernachlässigten denkmalgeschützten Gebäude der Luise-Henriette-OS hofft der Bezirk auf Landesmittel. Der schwammbefallene Dachstuhl ist so marode, dass die oberste Etage wegen Einsturzgefahr gesperrt ist. Aber schon bei der 1. Gemeinschaftsschule am Grazer Platz ist nicht absehbar, wann sie an diesem Standort voll funktionsfähig wird. Für andere Schulen bleibt nicht viel.

Abbau von kommunalen Angeboten

Die Attraktivität der Bezirksbibliotheken hat in den letzten Jahren gelitten. Seit über einem Jahrzehnt wird die Sanierung der Bezirkszentralbibliothek (Götzstr.) verschoben. Der Medienetat war nie in der Nähe von 1€/Einwohner jährlich. Oh Wunder, die Bibliotheken sind “Verlustbringer” geworden: Jetzt soll die BVV ein Konzept entwickeln, wo “schmerzliche Einschnitte” (Schließung von kleineren Bibliotheken) am Ende stehen sollen. Ein Antrag zum Ersatz des Bücherbusses (trotz der Möglichkeit 50% Fördergelder zu erhalten) wurde von der SPD/Grüne-Mehrheit abgelehnt.

Von CDU/SPD/Grüne gemeinsam getragen, wird die weitere Abgabe kommunaler Einrichtungen an "Freie Träger" (so Jugendfreizeitstätten) vorbereitet. Weitere bezirkliche Aufgaben sollen zentralisiert (“regionalisiert” - mit anderen Bezirken organisiert) werden.

LINKE unterstützt Mittel für Bürgerbeteiligung

Ausdrücklich unterstützte DIE LINKE, dass Sach- und Personalmittel für Bürgerbeteiligung (Bürgerforen, EinwohnerInnen-Versammlungen und Bürgerhaushalt) sowie für den Schutz von MieterInnen ("Soziale Erhaltungssatzungen", Zweckentfremdungsverbot) bereitgestellt wurden. Die CDU griff diese Ausgaben als Verausgabung für “freiwillige Aufgaben” an, statt sie für unzureichend ausgestattete Pflichtaufgaben einzusetzen.

Als einzige Partei erlaubte sich DIE LINKE einen Verweis auf die am 20.9. noch bevorstehende Bundestagswahl. Angesichts der bundesweit feststellbaren "kommunalen Armut" (Vernachlässigung von Gebäuden und Straßen, Einschränkung von Leistungen) drückten wir die Hoffnung aus, dass die Parteien gestärkt werden, die kommunale Haushalte entlasten und öffentliche Infrastrukturprogramme auflegen wollen. Nun, das hat nicht ganz geklappt!
BV H. Gindra