Das Ende von RGR - Ein Anfang

Sebastian Scheel MdA

Der 27. April 2023 – die Wahl von Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister von Berlin – markiert eine Zäsur in der Berliner Landespolitik. Der letzte Regierende Bürgermeister mit einem Parteibuch der CDU war vor 22 Jahren Eberhard Diepgen. Dieser war mit einer kurzen, aber wichtigen Unterbrechung seit 1984 der Chef im Roten Rathaus. Am 16. Juni 2001 wurde er in Folge des Bankenskandals mit Hilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums abgewählt. Die CDU hatte nachhaltig das Vertrauen der Wählerinnen in Berlin verspielt. Alle Anläufe der CDU Vertrauen, Wählerstimmen und den Senatschef zurückzugewinnen, blieben seitdem erfolglos.

Die politisch linken Parteien schlossen von diesen stetig fehlschlagenden Versuchen auf eine sich manifestierende linkslibertäre Wählerschaft in der Metropole Berlin. Zu Recht? Der Erfolg der Berliner CDU unter Kai Wegner, bei der durch das Urteil des Landesverfassungsgerichts notwendig gewordenen Wiederholungswahl, stimmt zumindest nachdenklich. Spülten die CDU noch vor allem der Kulturkampf um das Freiheitssymbol Auto und eine rassistisch motivierte Vornamenabfrage im Nachgang zu den Silvesterkrawallen an die Spitze der Parteien.

Sosehr der Wahlkampf von Polarisierung geprägt war, so schnell schlug Kai Wegner nach dem Wahlerfolg versöhnlichere Töne an. Verständlich ob der Tatsache, dass die gewonnene Stärke einer immer noch vorhandenen parlamentarischen Mehrheit von SPD, Grünen und Linken entgegenstand. Die SPD unter der Führung von Franziska Giffey brauchte allerdings nicht lange, um einen Ausweg aus der für sie belastenden Dreierkonstellation zu finden. Die Sondierungen, wie auch das daraus entstandene Sondierungspapier der SPD, waren wohl kaum mehr als ein Theaterstück um der eigenen Basis ein Zweierbündnis mit der CDU schmackhaft zu machen. Das Kalkül der Spitze der SPD ging jedoch nicht wirklich auf. Die vorhandene Mehrheit im Landesvorstand vermochte gerade einmal knapp die Hälfte der eigenen Basis vom „Besten“ für Berlin zu überzeugen. Mit dem Ergebnis des Mitgliederentscheides – einer Mehrheit auf einem Parteitag war die Führung wohl nicht sicher – war der Weg schließlich frei für das Ende einer progressiven Veränderungskoalition.

Nun gilt es, einige vermeintliche Gewissheiten zu hinterfragen. Denn: Die SPD hat sich nicht erst nach der Wahl, sondern bereits vor deutlich längerer Zeit aus diesem Bündnis verabschiedet, ja die erfolgreiche Arbeit streckenweise sogar regelrecht torpediert. Das Mantra der auf Spaltung angelegten Politik wurde dabei lautstark von Vertreterinnen der Sozialdemokratie vorgetragen. In dieser Kakofonie der Regierungspartnerinnen konnte kein Zielbild einer sozial, ökologisch und ökonomisch resilienten Metropole entwickelt oder gemeinsam getragen werden. Das Fehlen dieses gemeinsamen Zukunftsbildes sorgte zudem dafür, dass es nicht gelingen konnte, die diversen Akteurinnen der Stadtgesellschaft in ihren unterschiedlichen Bedürfnissen konsequent für den Weg eines notwendigen Umbaus Berlins zu begeistern.

Die nächsten drei Jahre in der Opposition werden wir gemeinsam intensiver über die Konzepte, die notwendigen Schritte und die Zielbilder sprechen müssen. Nah an den Menschen und ohne avantgardistischen Hochmut. Der nächste Kampf um das Rote Rathaus muss inhaltlich, konzeptionell und bündnispolitisch tragfähiger vorbereitet werden. Berlin war vor 100 Jahre der Innovationsmotor einer sich radikal beschleunigenden Verstädterung. Die konservierende Union an der Spitze unserer Stadt stoppt die heute notwendige Innovationsdynamik.  Das Beste für Berlin ist deren Ablösung in dreieinhalb Jahren. Daran sollten und müssen wir arbeiten.