Der Mann mit der Leiter

Andreas Bräutigam

Wer in den 1970er und 1980er Jahren in West-Berlin seinen Protest auf die Straße trug und sich an Demonstrationen beteiligte, kannte ihn zumindest vom Sehen. Jürgen Henschel (1923-2012), seit 1967 Pressefotograf der sozialistischen Tageszeitung „Die Wahrheit“ war immer dabei. Er fotografierte Protestkultur und hatte für eine bessere Perspektive immer seine Leiter dabei. Er fotografierte aber auch den Stadtumbau und den Alltag in West-Berlin. Dabei ist sein Werk zwar auch ästhetisch, primär aber politisch motiviert. Er zeigt die Bandbreite der damaligen Bürgerproteste – die Studentenbewegung der 1960er Jahre, Stadtsanierung, Autobahnbau, Mieterproteste, Hausbesetzungen und Friedensbewegung in der 1970er und 80er Jahren. Jürgen Henschel kehrt als Antifaschist und Kriegsgegner aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft heim, tritt in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands in Westberlin ein und ist
Zeit seines Lebens bekennender Kommunist.

Ein Teil seines fotografischen Nachlasses ist heute im Besitz des Archivs der Tempelhof-Schöneberger Museen Von den etwa 23000 akribisch beschrifteten Negativen werden derzeit 100 Schwarz-Weiß-Bilder in einer Ausstellung zum 100. Geburtstag des Fotografen im Schöneberg-Museum (Hauptstraße 40/42) gezeigt. 

Die Bilder erzählen Stadtgeschichte und bringen die Atmosphäre der damaligen Zeit zum Ausdruck. Die Ausstellung ist noch bis zum 02. Juni 2024 zu sehen.
Im Begleitprogramm finden Kuratorinnen-Führungen (die nächste am 17. März 2024) sowie Ausstellungsgespräche statt. Der zeitgleich erschienene Katalog enthält alle Fotos und Texte der Ausstellung. (https://museen-tempelhof-schoeneberg.de/henschel/)

Aus aktuellem Anlass zeigt DIE LINKE Tempelhof-Schöneberg in ihrer Geschäftsstelle in der Feurigstraße 68, (Rote Insel) aus eigenen Materialien die Ausstellung „Kommunisten in Schöneberg. Fundstücke aus dem Bild- und Zeitungsarchiv der Sozialistischen Einheitspartei Westberlin (SEW)“.
Andreas Bräutigam