Europaweiter Kampf gegen Privatisierung öffentlichen Raums

Die Privatisierung öffentlicher Flächen ist eine Maßnahme, die bürgerliche Politiker nur zu gerne unter dem Vorwand anwenden, Geld in leere Kassen zu bekommen oder angeblich notwendige Infrastruktur zu schaffen.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung lud zu diesem Schwerpunkt im April Vertreterinnen und Vertreter von Initiativen und linken Parteien aus Griechenland, Spanien, Frankreich, Türkei und Deutschland nach Athen ein, darunter die Bezirksverordneten von DIE LINKE in Tempelhof-Schöneberg, Elisabeth Wissel und Harald Gindra. Kämpfe gegen die Privatisierung betreffen in Athen den ehemaligen Flughafen Ellenikon, in Frankreich die zusätzliche Erweiterung des Flughafens bei Nantes, in der Türkei die Kommerzialisierung des Taksim-Platzes, in Spanien den Versuch, ein Eurovegas entstehen zu lassen, und in Berlin die Bebauung des  Tempelhofer Feldes. Bei dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch gegen Privatisierung öffentlicher Flächen wurde eine Gemeinsamkeit deutlich: dass es ein Kampf für die Interessen des Gemeinwohls ist. Nicht nur linke Parteien und unmittelbar betroffene Einwohner protestieren gegen die geplanten gravierenden Einschränkungen bei Privatisierungen. Zunehmend ist es ein breites Spektrum von Aktivistinnen und Aktivisten, Verbänden etc., die ein anderes Demokratieverständnis als die Herrschenden haben. Privatisierungen bereichern vor allem Investoren, für die Bevölkerung bedeuten sie Raub an Gemeinschaftsflächen. Weitere Folgen sind Gentrifizierung durch Luxusinvestitionen und entsprechende Lebenskostensteigerungen, gravierende Einschnitte in Natur- und Erholungsraum, höheres Verkehrsaufkommen, gesundheitsbeeinträchtigender Lärm und Feinstaub und u.a. hohe Erschließungskosten, die von Steuermitteln bezahlt werden müssen. Hinzu kommt etwa bei der Genehmigung von Spielkasinos die Förderung von Spielsucht und vorprogrammierter Verschuldung und Verelendung, was Regierungen verantwortungslos in Kauf nehmen. Diese Typisch für Privatisierungs-Vorhaben, das zeigten die in Athen vorgestellten Beispiele, sind immer die mangelnde Transparenz und die Nichteinbeziehung der Bevölkerung. Durch die bewusste einseitige Darstellung versuchen die herrschenden Parteien, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, wenn sie um die Akzeptanz von Privatisierungen werben. In der Regel gibt es bei solch großen Projekten wie der Bebauung von ehemaligen Flugflächen oder beispielsweise dem Eurovegas-Projekt bei Madrid Geheimverträge. Den Investoren werden Risiken abgenommen und Gewinne garantiert und sie diktieren weitere Klauseln, die sie begünstigen. Für die AktivistInnen des Widerstands gegen die Enteignung von öffentlichem Gut stellt sich vor allem die Herausforderung herauszufinden, was die wahren Investoren-Absichten sind, Planungsvorhaben bekannt zu machen und Menschen zu mobilisieren. Dabei ist entscheidend, dass der Widerstand sich nicht spalten und damit schwächen lässt. Für diese elementaren Anliegen ist eine enorme aufklärende und auch phantasievolle Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Die Versprechen, im Zuge von Privatisierungen würden Tausende von Arbeitsplätzen (wie angeblich in Athen) oder würde bezahlbarer Wohnraum (wie angeblich auf dem Tempelhofer Feld) geschaffen, wurden von den AktivistInnen als unwahr entlarvt. Lediglich Jobs im unteren Lohnsegment und veranschlagte Wohnungsmieten, die schon in der Planung die Möglichkeiten kleinerer und mittlerer Einkommen übersteigen, sind die „Bonbons“ der Investoren. Der Erfolg der Initiativen gegen Eurovegas und auch das Aussetzen der Bebauung auf dem Taksim-Platz ist den vielen Menschen zu verdanken, die nicht länger gewillt sind, Verschlechterungen für sich hinzunehmen. Acht Menschen mussten auf dem Taksim-Platz ihr Leben lassen, bei einer Übermacht der Polizei, die massiv gegen die Demonstranten vorgegangen war. In Athen ist der Kampf um den Erhalt der ehemaligen Flugfläche, einschließlich des öffentlichen Zugangs zum Meer, noch nicht beendet. Ebenso ist in Nantes und Berlin weiterhin unermüdlicher Widerstand gegen die Privatisierung erforderlich.

 

Das Treffen in Athen offenbarte einmal mehr, dass die Menschen ein anderes, besseres Europa verlangen, doch dafür muss man/frau kämpfen.

 

Elisabeth Wissel