Gentrifizierung auf der Roten Insel

Private Eigentümer von Wohnhäusern haben derzeit gegenüber Mietern keine Skrupel, ihr Wohneigentum auszunutzen. Sie nutzen niedrige Zinsen für Bankdarlehen und vor allem die extreme Wohnungsnot, um ihre Wohnungen zu modernisieren und anschließend so teuer wie möglich zu vermieten oder gar zu verkaufen. Die Gesetzeslage macht es ihnen möglich, die Mieten nach oben zu treiben. Ob die Mieter dies mittragen können oder wollen, interessiert sie nicht, was zählt, ist der Profit. Immer mehr Mieter wehren sich dagegen, sie suchen die Öffentlichkeit, brauchen aber auch rechtlichen Beistand, um diesen unverfrorenen Ansprüchen entgegenzutreten. So berichtete uns ein Mieter aus der Leberstraße, dass in seinem Haus Modernisierungen durchgeführt werden sollen und ihm anschließend eine obskure Mieterhöhung von 450 Euro droht. Bei einem Mietertreffen, zu dem DIE LINKE eingeladen war, war zu erfahren, dass auch die anderen acht Familien in diesem Haus diese drastische Mieterhöhung nicht mittragen können und wollen. Den Mietern sollen sieben Modernisierungsmaßnahmen aufgezwungen werden. Angefangen bei der energetischen Sanierung, Fahrstuhleinbau, Anbau von Balkonen etc. bis zum Ausbau des Dachgeschosses. Zwar gilt ab Sommer in verschiedenen Gebieten in Schöneberg die soziale Erhaltungssatzung, die bestimmte Modernisierung untersagen kann, jedoch ist die Rote Insel leider nicht einbezogen. Dies könnte sich jedoch bald ändern, denn das Bezirksamt will auch für die Schöneberger Insel die Voraussetzungen hierfür prüfen. Greifen würde die Erhaltungssatzung dann erst 2015, das ist natürlich für die betroffenen Mieter viel zu spät. In der Zwischenzeit versuchen die Anwälte der Mieter, die Modernisierungs-Ankündigungen genauestens unter die Lupe zu nehmen und die überzogenen Forderungen zu minimieren. Ob dies bei einigen Maßnahmen gelingt, ist schwer einzuschätzen. Aber die Mieter sind sich einig, sie kämpfen dagegen an, denn es geht um ihre Existenz. All die sogenannten Luxus-Modernisierungen, wie jetzt auf der Roten Insel, sind nur die Spitze des Eisberges von Mieterproblemen, die in der Öffentlichkeit überhaupt noch nicht thematisiert werden. Viele Mieter resignieren auch einfach und hoffen, in einem nicht innerstädtischen Gebiet eine kleine bezahlbare Wohnung zu finden. Für die Mieter in der Leberstraße steht eine harte psychische Zerreißprobe bevor: Die belastenden Auseinandersetzungen mit dem Vermieter, Lärm und Schmutz, die ertragen werden sollen, bei keinerlei Ausweichmöglichkeit. Dies alles soll auch Kindern und auch Menschen im Rentenalter zugemutet werden. DIE LINKE fordert ein Mietrecht, bei dem Mieter u.a. mehr Mitspracherecht bei Modernisierungen haben müssen. Wohnen ist ein fundamentales Grundrecht und darf nicht zur Bereicherung und Spekulation von Eigentümern dienen.

Elisabeth Wissel