Immer noch 3,7 Millionen Erwerbslose im März 2017- Zeit zu handeln statt zu tricksen

Schlechte Meldungen kann die Bundesregierung nicht gebrauchen. Deshalb bleibt sie dabei, die
Arbeitslosenzahlen schön zu rechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Juli 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.

Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige
Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juli 2009 in der Fernsehsendung Panorama: „Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. ... Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann. Wer anders rechnen wolle, könne ja „seine Zahl veröffentlichen - und dazu ein Flugblatt drucken.“

Das tun wir gern. Hier ist die tatsächliche Zahl, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht. Im März 2017 waren tatsächlich immer noch nahezu 3,7 Millionen Menschen arbeitslos. Zeit zu handeln statt zu tricksen.
Darüber hinaus tauchen 261.000 nicht erwerbstätige Personen – die korrigierte sogenannte stille Reserve(1) – in keiner Arbeitslosenstatistik auf, weil sie sich entmutigt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben und sich nicht (mehr) als arbeitslos registrieren lassen.

Offizielle Arbeitslosigkeit im März 2017                                                               2.662.111
Nicht gezählte Arbeitslose verbergen sich hinter:
Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I und/oder ALG II    159.966
Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten)                                 77.222
Förderung von Arbeitsverhältnissen(2)                                 7.569
Fremdförderung                                                             239.817
Bundesprogramm Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt(3)      9.593
berufliche Weiterbildung                                                  171.286
Aktivierung und berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung durch Dritte) 249.827
Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose)   2.527
Kranke Arbeitslose (§146 SGB III)                                    82.733
Nicht gezählte Arbeitslose gesamt                                 1.000.540
Tatsächliche Arbeitslosigkeit im März 2017                                                         3.662.651

Quellen: Bundesagentur für Arbeit: Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Monatsbericht März 2017, Seite 73. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeitslosen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.

1 IAB Kurzbericht 20/2016 Seite 10 (stille Reserve im engeren Sinn –IAB-Prognose 2017/2017)
2 Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurde zum Juli 2012 das bisherige Instrument der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante mit den bisherigen Leistungen zur  Beschäftigungsförderung zu einem neuen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) verbunden.
3 Mit dem Monat Mai 2016 neu in die Berichterstattung der Unterbeschäftigung aufgenommen.