Kiezblocks unter die Lupe nehmen

Martin Rutsch

Unsere Fraktion befasst sich schon seit einigen Monaten intensiv mit dem Thema Kiezblocks. Je mehr man darüber nachdenkt, desto schwieriger ist es, eine einheitliche Meinung darüber zu finden. Das beginnt bei der Definition von Kiezblocks, die in der öffentlichen Debatte zu einem Modewort geworden sind. Es gibt keine einheitliche Begriffsbestimmung, es gibt nur einen Minimalkonsens: 

Nämlich die Umlenkung von Durchgangsverkehren auf Hauptstraßen. Interessanterweise wurde die Initiative zum Stopp von Durchgangsverkehr in der Manfred­-von-Richthofen­-Straße nachträglich zu einem Kiezblock umgetauft.

Wenn das also die Berliner Kiezblocks ausmacht, dann sind sie logische Konsequenz des bisherigen Mobilitätsgesetzes. Das Mobilitätsgesetz will die Verkehre auf die Hauptstraßen konzentrieren.  

Aus Sicht vieler Anwohnenden in den Kiezen macht das Sinn. Sie beklagen sich vollkommen zu Recht über Raserei, Feinstaubbelastung und die Entstehung von Hitzeinseln. Aus dieser Innenperspektive ist jeder Kiezblock zunächst zu begrüßen.

Wir müssen uns aber die gesamte Verkehrslenkung in einem Stadtteil anschauen und auch ihre Gesamtfolgen abschätzen. In dieser Betrachtung wird aus einem verkehrspolitischen Problem spätestens jetzt ein stadtpolitisches und aus unserer Sicht ein soziales. Und hier haben eine andere Meinung als das Bezirksamt, das jedem Kiezblock unkritisch entgegensteht.
Denn bei Kiezblöcken geht es immer darum, Lasten umzuverteilen. Mehr Sicherheit, weniger Lärm und Feinstaub sind eine Entlastung und bilden damit ein Privileg in der „wachsenden Stadt“. Sie werden aber zur Belastung und Benachteiligung für die Menschen, die bereits an Hauptstraßen leben.

Dort leben nachweislich ärmere Menschen, weil die Mieten niedriger sind. Sie sind tendenziell niedriger, weil der Marktwert durch die bestehenden Belastungen gedrückt wird.

Wir müssen in diesen Einzelfällen abwägen ­ cui bono? Wem nützt es, und zu wessen Lasten geht es.

Aber auch Kompromisslösungen gehören dazu, wie zum Beispiel der Einsatz von Bodenschwellen oder temporären Blitzern. Wir müssen das Thema gesamtheitlich erörtern können. Der Appell meiner Fraktion ist es, dass wir Kiezblocks im städtischen und sozialen Gesamtzusammenhang betrachten.

Wir sind daher ausdrücklich für Einzelfallprüfungen.

Martin Rutsch