Kooperationsbibliothek im Rathaus Friedenau steht auf dem Prüfstand

Das Aus der Gerhard-Hauptmann-Bibliothek war 2012 schon absehbar, doch mit der Belegung von Geflüchteten (derzeit 318 Personen) im Rathaus änderte sich die Situation und es gab Hoffnung, dass im gleichen Gebäude die Bibliothek erst einmal bleiben könne. Deutschlandweit einmalig, sollte die kleine Bibliothek im Rathaus Friedenau als „Kooperationsbibliothek“ hervorgehoben werden, mit Angeboten an die Bevölkerung und an die Geflüchteten und mehr Aufenthaltsqualität. Dies wurde auch durch einen Beschluss der BVV bekräftigt. Jedoch sollten hierzu Umbaumaßnahmen und Eingangsverlegung stattfinden. Nun droht das gesamte Projekt an den Kosten zu scheitern.

Da das Rathaus seit 2012 nicht mehr dem Bezirk gehört, sondern der BIM (Berliner Immobilienmanagement), ist es für den Bezirk schwierig, sein Interesse an einer Kooperationsbibliothek durchzusetzen. Die BIM möchte dort die Steuerfahndung unterbringen. Umbaukosten für das Projekt von über 1,89 Mio. Euro sowie 450.000 Euro für die prognostizierten Ausstattungskosten werden als Fördergelder von „Soziales Quartier“ nicht gewährt. Der Grund liegt bei der BIM, die lediglich eine Nutzungsdauer für fünf Jahre geben will. Bei diesen Vorgaben fehlt die Nachhaltigkeit, und die Wirtschaftlichkeit ist auch nicht gegeben.

Ein Antrag der SPD, den wir im Ausschuss unterstützen werden, fordert eine „langfristige Nutzungsoption im Rathaus Friedenau über mindestens 20 Jahre“ sowie u.a. „publikumsfreundliche Öffnungszeiten und die erforderliche Anzahl von Stellen (fünf Vollzeitstellen) zu gewährleisten.“ Aus Mitteln der Investitionsplanung könnte dies theoretisch umgesetzt werden, wenn die BIM, die derzeit eine Machbarkeitsstudie zu diesem Vorhaben durchführt, ihre Zustimmung gibt.

Wie in diesem Fall rächt sich mal wieder eine kurzsichtige Haushaltspolitik. Um eine Mio. Euro für die Bewirtschaftung des Rathauses zu sparen, wurden Millionen für Renovierung und Anmietung von anderweitigen Räumen für die Verwaltungsstellen ausgegeben: über 15 Mio. Euro für Umbau und Sanierungskosten und den Umzug in andere Dienstgebäude sowie Anmietung von Räumen des Postgebäudes neben dem Rathaus in Tempelhof für 12 Euro kalt pro qm.

DIE LINKE hat sich 2011 gegen den Verkauf des Rathauses Friedenau und für den Erhalt der Bibliothek eingesetzt. Wie es jetzt weiter geht, ist ungewiss, ohne eine ausreichende Finanzierung und einen langfristigen Mietvertrag wird es keine Kooperationsbibliothek, wie einst voreilig bejubelt: „deutschlandweit einmalig“, geben. Derzeit versorgt ein über 20 Jahre alter Bücherbus die Station Friedenau, der jedoch auch durch einen neuen ersetzt werden müsste. Bei über 330.000 Einwohnern ist jede einzelne Bibliothek in unserem Bezirk notwendig und darf nicht verloren gehen.
Elisabeth Wissel