Linke Strategien gegen rechte Bürgerbewegungen

DIE LINKE. Tempelhof-Schöneberg befasste sich auf ihrer Mitgliederversammlung am 22. Januar mit linken Strategien gegen rechte Bürgerbewegungen (Pegida u. ä.). Dr. Gerd Wiegel, Referent für Rechtsextremismus/Antifaschismus der Bundestagsfraktion DIE LINKE. schilderte in seinem Kurzvortrag Strukturen und Ursachen. Er schildert in seinem Kurzvortrag Struktur und Ursachen von Pegida sowie mögliche Gegenstrategien für die Linke.

Pegida ist eine rechte Bürgerbewegung mit eindeutig rassistischer Konnotation, deren deologische Basis neben Kritik an Zuwanderung und Ablehnung von Flüchtlingen im esentlichen die allgemeine Unzufriedenheit mit etablierten politischen Institutionen (Stichworte: Volksverräter“, „Lügenpresse“) ist. Dies steht im Kontext der Erfolge rechter Parteien (z.B. in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien) seit 20 Jahren, die gerade bei der Europawahl 2014 deutlich hervorgetreten sind. In eutschland fi ndet sich durch die Bewegung eine andere Ausdrucksform. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die AfD als parlamentarischer Arm der Pegida-Bewegung zu sehen ist.

Zur Geschichte: Im Oktober 2014 begannen die Proteste in Dresden, parallel zu den Veranstaltungen der „HoGeSa“ als Reaktion auf die Ereignisse im Nahen Osten (IS) sowie dem verstärkten Auftreten des Salafi smus in Deutschland. Lutz Bachmann, der bis vor Kurzem Hauptorganisator der Pegida war, habe sich durch eine Sammlung für die PKK auf off ener Straße zur Gründung von Pegida entschlossen. Nach Deutschland exportierte Konfl ikte würden in Deutschland ausgetragen, so Bachmann.

Nach dem Beginn der Proteste war ein rasanter Anstieg zu verzeichnen: Demonstierten im Oktober 2014 noch 350 Menschen, ist die Zahl bis Januar auf rund 25.000 Personen gestiegen. Die massive, problematisierende Presseberichterstattung habe der Bewegung nicht geschadet, so Gerd Wiegel. Ebenfalls ist erkennbar, dass die Kundgebungen in Dresden am stärksten sind; bundesweit ist aber auch eine starke Bewegung von Gegendemonstranten aufgekommen.
Organisatorisch bestehen keine Verbindungen der Pegida zu der extremen Rechten, die in einer relativ kleinen Zahl von rund 400 Personen auftraten. Thematisch grenzt sich die Pegida mit ihrem 19-Punkte-Programm ebenfalls ab; allerdings werden durch die Stigmatisierung des Islamismus und die Regelung von Zuwanderung Anknüpfungspunkte für Ängste, wie z.B. die Globalisierung, geschaffen. Durch das Wort „Europa“ im Namen der Bewegung ist ebenso eine rhetorische Abgrenzung von reinem Nationalismus gegeben. Jedoch impliziert die Nennung des Abendlandes wiederum eine rassistische Einteilung in kulturelle Großgruppen. Ebenso ist eine negative Haltung zu Political Correctness gegeben (Motto: „Das wird man doch mal noch sagen dürfen.“).

Zur personellen Zusammensetzung der Pegida-Bewegung nennt Gerd zwei Erhebungen der Universität Dresden und der Universität Berlin, deren Validität aufgrund eine geringen Datenbasis nicht sehr stark ist. Nach der Untersuchung der Universität Dresden sei der typische Pegida-Anhänger männlich, ca. 50 Jahre alt, wohlsituiert mit überdurchschnittlichem Einkommen. 2/3 der Befragten hätten keine Parteipräferenz (im Vergleich die Berliner Studie: 89% AfD) und würden nicht zur Wahl gehen. Für über fünfzig Prozent sei weniger die Islamismus selbst als vielmehr der Protest an sich Motivation zur Teilnahme. Diese Antworten
sollten aber aufgrund der sozialen Erwünschtheit nicht zu wörtlich genommen werden. In der Berliner Erhebung sprachen sich die Befragten für eine größere Einschränkung der Muslime ein, sie hätten Angst vor dem Verlust ihrer eigenen nationalen Identität.

Bei den Ursachen nannte Gerd Wiegel speziell die Rechtsentwicklung der AfD, durch die erstens die AfD ihre Außenseiterposition verlor und mit der zweitens Rassismus sagbar geworden ist. Außerdem verwies er auf die Studie „Deutsche Zustände“. Demnach wirke der neoliberale Kapitalismus vorwiegend auf Migranten und sozial Schwache. Bei der zweiten Gruppe drücke sich das in einer rassistischen Einstellung (59%) aus.

Als Gegenstrategie für die Linke sah Wiegel eine klare politische Positionierung. Er lehnt es ab, mit Pegida-Leuten durch Beteiligung an den Demonstrationen ins Gespräch zu kommen. Man müsse vielmehr auf allen politischen Ebenen eigene Vorschläge in der Flüchtlingspolitik als Gegenstrategie zur Indiff erenz äußern. Gleichsam sei Kommunikation mit AktivistInnen egen egida für breite Bündnisse sowie mit MigrantInnen unter der Fragestellung, wie sie in das Alltagsleben einbezogen werden können, nötig.
Martin Rutsch