Mut für ein anderes Europa!

Dies ist der Titel des alternativen Wahlprogrammentwurfes der LINKEN zur Europawahl, den der Bundestagsabgeordnete Diether Dehm im Vorfeld des bevorstehenden Hamburger Parteitages veröffentlicht hat.

Am 27. November stellte Diether Dehm seinen Entwurf auf einer gut besuchten Diskussionsveranstaltung der LINKEN Tempelhof-Schöneberg in der Roten Insel vor.

Dehm erläuterte seine Motive für einen alternativen Entwurf: Die ursprüngliche Vorlage des Parteivorstandes für den Leitantrag für Hamburg und damit für den Entwurf des Europawahlprogramms war umständlich formuliert und wenig mitreißend. Und was noch schwerer wog: Wesentliche europapolitische Positionen des Grundsatzprogramms der LINKEN kamen hier kaum zum tragen. Und so mochte es auch nicht verwundern, dass in einer ersten Abstimmung nur eine knappe Mehrheit der Parteivorstandsmitglieder das von den beiden Parteivorsitzenden in Auftrag gegebene und von Mitgliedern der Grundsatzkommission formulierte Papier unterstützte. 

Dieses Papier wurde nun überarbeitet. Wesentliche Grundsatzpositionen fanden wieder Eingang in dem Vorstandsentwurf, nicht zuletzt auch auf Initiative von Diether Dehm und seines Fraktionskollegen Wolfgang Gehrcke.

Es wird nun betont, dass der politische Kampf der LINKEN für eine friedliche und soziale Politik sowohl auf nationaler wie europäischer Ebene zu führen sei, wir für eine neue, andere Europäische Union streiten und eine Revision der Grundsatzverträge fordern, die dann in Volksabstimmungen in den einzelnen Staaten zu bestätigen wäre.

Und, was das Wichtigste ist: Die als „Humanitäre Interventionen“ getarnten Kriegseinsätze werden ebenso klar abgelehnt wie „EU-Militärmissionen“. Eine klare Bestätigung, dass DIE LINKE ohne wenn und aber konsequente Friedenspartei bleibt!

Dennoch will Diether Dehm seinen eigenen Programmentwurf aufrechterhalten. Er lädt zum Mitmachen ein und übersetzt das „politische Fachchinesisch“ für den Normalbürger. Diether Dehm sieht keine Differenz zwischen dem Traum von der europäischen Einigung und dem Kampf gegen die imperiale Verfasstheit der heutigen EU. Er träumt wie einst der antifaschistische Widerstandskämpfer und Sänger Ernst Busch von einem Europa, in dem sich die Menschen und ihre Regierungen die Hände reichen, Gräben überwinden und Politik solidarisch nach innen und außen betreiben, insbesondere auch gegenüber den Ausgebeuteten des Südens. Davon ist jedoch das „Europa der Eliten“ weit entfernt. Diese EU ist nicht demokratisch verfasst. Diether Dehm hält nichts von der bei manchen LINKEN beliebten Entgegensetzung des vermeintlich „progressiven“ Engagements auf europäischer Ebene im Kontrast gegen eine vermeintlich „rückständige“ Orientierung auf nationalstaatliche Politik. Er wies in der Debatte nach, dass soziale Rechte und gleichwertige Lebensverhältnisse allein auf europäischer Ebene, ohne eine politische Verankerung in den jeweiligen Nationalstaaten, nicht erkämpft werden können. Den in den Anfangsjahren der Bundesrepublik gesetzlich geschaffenen Parlamentsvorbehalt bei Kriegseinsätzen der Bundeswehr gilt es gegen die Bundesregierung und die Eurobürokraten zu verteidigen!

Einig waren sich die Anwesenden, dass DIE LINKE sich im bevorstehenden Wahlkampf offensiv mit der AfD auseinandersetzen und deren Demagogie und neoliberale Ausrichtung entzaubern muss. Diether Dehm verwies darauf, dass die Debatte über den Ausstieg aus dem Euro nicht das Entscheidende sei, sondern dass die Finanzmärkte reguliert, die Löhne und die Kaufkraft der Bevölkerung erhöht und die Ungleichgewichte im Außenhandel zwischen den europäischen Staaten überwunden werden müssen. Die AfD steht für soziale Ausgrenzung breiter Bevölkerungsteile, wie die anderen neoliberalen Parteien auch.

Dagegen wird sich die LINKE klar positionieren!

Keine Einmischung in der Ukraine!

Im vorliegenden Vorstandsentwurf wird zu Recht erwähnt, dass die EU ihre Strukturfonds als Erpressungs- und Bedrohungsinstrument gegen Krisenstaaten und neue Mitglieds- bzw. assoziierte Staaten einsetzt. Jüngstes Beispiel: die Ukraine.

In den deutschen Mainstream-Medien wird verschwiegen, dass mit dem angestrebten EU- Assoziierungsabkommen mit der Ukraine neoliberale Strukturanpassungsprogramme als Gegenleistung verbunden sind, die eine Verdoppelung der Gaspreise und damit der Heizkosten für Privathaushalte, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und einen Lohn- und Rentenstopp nach sich ziehen. Also brutalen Sozialabbau!

Und es ist ein Skandal, wenn deutsche Politiker wie z.B. der bereit abgewählte, aber noch in seiner Funktion stehende Außenminister Westerwelle (FDP), oder die Grüne EU-Abgeordnete Rebecca Harms, an Protesten der umstürzlerischen ukrainischen Opposition teilnehmen. Oder wenn der deutsche Botschafter sich mit Oppositionellen bis hin zum Vorsitzenden der rechtsradikalen und antisemitischen Svoboda-Partei trifft, die mit der NPD kooperiert.
Carsten Schulz