Neue Rechtsverordnung Wohnen: keine wirkliche Verbesserung

Eine sechsköpfige Familie aus Schöneberg hatte vor dem Berliner Sozialgericht gegen den Zwangsumzug nach Spandau geklagt. Die Kostensenkung der Miete war im angestammten Bezirk nicht möglichgewesen. Dies war Anlass für die Verordneten der LINKEN zu einer Mündlichen Anfrage in der letzten BVV.

Wir wollten wissen, ob ALG II-Bezieher nun auf gepackten Koffern sitzen würden. Die Antwort von Stadträtin Klotz klang eher ausweichend und verharmlosend. Der genannte Fall sei ein Einzelfall und ein Anstieg an Zwangsumzügen sei nach der neuen Wohnaufwendungsverordnung (WAV) nicht zu erwarten, da nun alle bisherigen Entscheidungen neu geprüft und angepasst würden. Diese Prognose geht leider an den wirklichen Wohnverhältnissen vorbei.

Die Rechtsverordnung (RV) zu den Kosten der Unterkunft (KdU), die ab dem 1. Mai in Kraft getreten ist, ist, kaum dass sie bekannt wurde, schon in die öffentliche Kritik geraten. Denn es hat sich kaum etwas zum Besseren geändert. Wer viel Hoffnung in die längst überfällige RV für Leistungsbezieher von ALG II, Grundsicherung und nach dem Asylrecht gelegt hatte, wurde von dem spärlichen Ergebnis bitter enttäuscht.

Menschenwürdiges Wohnen stand bei dieser Neuregelung jedenfalls nicht im Vordergrund. Der neue Satz der RV ist so angelegt, dass die veranschlagten Kosten der Unterkunft (KdU) immer noch zu gering sind. Eine bedürftige Person, die vorher 378 Euro Bruttowarmmiete erhielt, erhält jetzt 317,50 Euro Bruttokaltmiete plus Heizkosten. Wobei bei den Heizkosten jetzt nach Energieträgern und Gebäudeflächen unterschiedlich kalkuliert wird und eine Obergrenze festgesetzt wurde. Eine jährliche Anpassung der Richtwerte an Miet- und Heizspiegel soll erfolgen.

Schwankende Nebenkosten wurden bei der Berechnung nicht mit berücksichtigt. Zu kritisieren ist, dass bei der neuen KdU der Mittelwert einfacher Wohnlagen von allen Bezirken gebildet wurde, ohne die unterschiedlichen Bezirksmieten zu berücksichtigen. Zu kritisieren ist auch, dass nicht auch mittlere Wohnlagen bei der Berechnung des Richtwertes mit einbezogen werden, wenn nicht genug einfache Wohnungen vorhanden sind.

Besonders im Innenstadtbereich sind die Mieten extrem angestiegen, und gerade dort bedeutet das letztendlich zu wenig Wohnraum im preisgünstigen Segment. Die Verdrängung von betroffenen Mieterinnen und Mietern aus ihren angestammten Kiezen in Stadtrandbezirke wird weiter gehen, bei einer hohen und steigenden Anzahl an Bedarfsempfängern und Menschen mit niedrigen Einkommen. Das alles ist menschenverachtend und existenzbedrohend und nur im Kapitalismus möglich. Erst nimmt man dem Menschen die Arbeit und dann die Wohnung.

Elisabeth Wissel