„Schwester, was bleibt uns denn?“ - Ein Theaterstück in Lichtenrade

Ruth Zantow und Andreas Bräutigam

Die Geschichtswerkstatt Lichtenrade hat vor fast 40 Jahren begonnen, die Geschichte des südlichen Tempelhofer Ortsteils im Nationalsozialismus zu erforschen und darüber zu berichten. So auch über die Ereignisse in der Silvesternacht 1932/33, als Erich Hermann, ein junger Kommunist aus einer Lichtenrader Arbeiterfamilie durch einen SA-Mann erstochen wurde. Diese Geschichte führte in Lichtenrade vor genau 20 Jahren zu der Benennung des Platzes an der Wünsdorfer Straße/Ecke Blohmstrasse in „Erich-Hermann-Platz“. Die historischen Hintergründe
sind von der Lichtenrader Geschichtswerkstatt jetzt erneut in einem Buch publiziert worden.*

Außerdem wurde das Thema vom selbstorganisierten Theater-Ensemble „Tütü Sabotage“ (mit der integrierten Band „Trörö Sabotage“) zu einem Theaterstück verarbeitet, das an drei Abenden im Dezember 2023 - mittlerweile zum dritten Mal – aufgeführt wurde. Premiere war bereits im Juni 2022. Die bewegende Inszenierung wurde vom Publikum auch diesmal mit
großer Begeisterung für die schauspielerische Leistung und für die gelungene und detailreiche Umsetzung des historischen Stoffes aus der Perspektive der Schwester Erich Hermanns
aufgenommen. Sie führt wie in einem Sittengemälde in die Lichtenrader Gesellschaft am Ende der Weimarer Republik und in die damaligen politischen Konflikte, die im „Zeitalter der
Extreme“ auch mit Gewalt ausgefochten wurden und schließlich im Faschismus endeten. Da nur noch wenige Zeitzeugen von dieser Zeit authentisch berichten können, ist das Theater eine wertvolle Methode, nicht nur um Wissen zu vermitteln, sondern auch um die emotionale Ebene bei Menschen anzusprechen. Empathie ist Voraussetzung für humanistisches
Handeln in der Gegenwart. Dafür setzt sich das Theater-Ensemble ein, ebenso der Verein „Lichtenrade Solidarisch“, in dessen Räumen in der Wünsdorfer Straße 56 die Inszenierung erfolgte. Die engagierten jungen Menschen des Vereins bauen dort derzeit ein soziales Zentrum mit vielen Angeboten auf und wollen mit der Lichtenrader Nachbarschaft so in Kontakt kommen und sich vernetzen.

Wer das Stück noch nicht gesehen hat, kann dieses am 25.01.2024 nachholen. Anmeldungen für die Theater-Aufführung sind aufgrund der begrenzten Platzzahl notwendig unter:
tutusabotage@mailo.com

Ruth Zantow und Andreas Bräutigam (Berliner Geschichtswerkstatt e.V.)
* Erhältlich bei Berliner Geschichtswerkstatt e.V., Goltzstr. 49, 10781