Unzulässige Nachverdichtung des Wohnquartiers Am Mühlenberg

Wir brauchen zweifellos neue Wohnungen, nicht irgendwelche, sondern primär für Mieter_innen mit geringen Einkommen. Die am besten geeigneten Bauherrinnen für solche Wohnungen sind die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Zu denen gehört die Gewobag. Sie ist u.a. Eigentümerin des Wohnquartiers Am Mühlenberg zwischen Badenscher, Innsbrucker, Freiherr-vom-Stein- und Meraner Str., in unmittelbarer Nähe vom Rathaus Schöneberg.

Dort wurde 1960 durch einen Bebauungsplan „eine offene Bebauung mit zusammenhängenden Frei- und Grünflächen gesichert“ und eine Siedlung für ca. 400 Wohnungen mit einem Punkthochhaus und mehreren 4-6-gerschossigen Wohngebäuden errichtet.

Von „gesichert“ kann aber heute nicht mehr die Rede sein. Durch eine sogenannte Nachverdichtung will die Gewobag mit Unterstützung von Bezirksamt und Senat die vorhandene Bebauung durch ein Planänderungsverfahren um ca. 250 Wohnungen, u.a. mittels Erweiterung des bestehenden 12-geschossigen Hochhauses und 3 zusätzlicher 7-8geschossiger, sogenannten Gartenhäuser, erweitern.

Das Prinzip der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“, das bei der Planung des Wohnquartiers für Westberlin  gesamtstädtische Verbindlichkeit besaß (Baunutzungsplan 1958/60) und auch heute noch speziell für den Schutz und die Entwicklung von Grünflächen besonders in der Innenstadt Berücksichtigung verdient, soll hier also einmal mehr aufgegeben werden. Gravierend dabei: Die gesamtstädtischen Voraussetzungen für einen derart massiven Eingriff in bestehende Wohnverhältnisse liegen nicht vor und wurden offenbar auch bewusst ignoriert. Allein das in Schöneberg-Nord bereits 1994 amtlich registrierte Defizit von 44 ha an öffentlichen, wohnungsnahen Grünflächen würde hier erneut um ca. 0,3 ha vergrößert. Der nahegelegene Volkspark Schöneberg-Wilmersdorf wurde dabei ebenfalls schon 1994 als völlig überlastet eingestuft. Ferner wurde nicht beachtet, dass es außerhalb der „inneren Stadt“ (S-Bahnring), aber damit keineswegs „jwd“, reichlich Wohnbauflächen gemäß der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungsplan 2015) mit echtem Nachverdichtungspotenzial gibt.
Wieder einmal soll hier also den unteren und mittleren Einkommensschichten eine einseitige Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen aufgenötigt werden. Die Bewohner_innen des Wohnquartiers haben jedoch gegen diese Entwicklung die „Mühlenberg-Initiative“ gebildet und gegenüber Gewobag, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt unmissverständlich klargestellt, dass sie dieses Vorhaben nicht widerstandslos hinnehmen werden.
Jörg Simon, Dipl.-Ing.