Wohnungsmarkt angespannt – Neubau bringt keine Entlastung

Im Juni hat das Bezirksamt gemäß zweier Beschlüsse der BVV zur Wohnungsentwicklung berichtet. Erste Ergebnisse des Wohnungsmarktberichts Tempelhof-Schöneberg wurden vorgestellt und Wohnungsbaupotentiale (Drs. 0118) wurden aufgelistet.

Beide Berichte zeigen, dass mit den bisherigen Mitteln keine Entlastung für Menschen mit kleinen Einkommen zu erwarten und bei Neubauvorhaben sogar mit neuen Belastungen und Beeinträchtigung des Wohnumfelds zu rechnen ist.

Zum Wohnungsmarktbericht: Zum Ist-Stand wird festgestellt, dass die Wohnungen im Bezirk eher (zu) groß sind: durchschnittlich 88 m² und 2,97 Zimmer. Die Mietpreisuntersuchung (Neuvermietungen) zeigen ein deutliches Anziehen der Mieten, insbesondere für Schöneberg auf 8,03 € (Nord), 8,61 € (Süd) und 8,05 € (Friedenau) durchschnittliche Kaltmiete je Quadratmeter.

Verschärfend kommt nun die demografische und soziale Entwicklung hinzu: Der Anteil von älteren Menschen im Bezirk liegt über dem Berliner Durchschnitt und wird weiter steigen. In 2030 wird über ein Drittel der Einwohner über 60 Jahre alt sein. Bei den in Berlin üblichen Erwerbsbiografien ist zusätzlich mit einem Anstieg der Altersarmut zu rechnen (2010 erhielten schon 6% der über 65jährigen Grundsicherung, in Schöneberg-Nord 14 %). Ungebrochen ist der Trend zur Zunahme von Single-Haushalten.

Doch woher die wachsende Zahl von altersgerechten und bezahlbaren kleinen Wohnungen herkommen soll, steht in den Sternen.

Das sieht man an den Neubauplanungen: Wir haben schon öfter darauf hingewiesen. Die 60er-Jahre-Bauten, teilweise ehemals öffentlich gefördert, sind zur Verfügungsmasse geworden. Beispiel Barbarossaplatz: Geplanter Abriss von 106 kleinen altersgerechten Wohnungen, stattdessen sollen 80 große, teure Wohnungen entstehen. Die verbliebenen Mieter wehren sich bislang erfolgreich vor Gericht dagegen. Aber über 90 Wohnungen stehen teilweise seit Jahren leer.

Aber auch auf bisherigen Brachflächen sind keine Bebauungen mit Wohnungen zu erwarten, die diesen dringenden Bedarf (alters-, singlegerecht und günstig) decken. Bei dem Neubau „Am Lokdepot“ (parallel zur Eylauer Straße) werden die meisten Wohnungen mit 100 bis über 150 m² geplant (zu Kaufpreisen von 2600 und 3600 Euro je Quadratmeter). Eine der wenigen kleinen Wohnungen (55 m²) kommt dann schon auf mindestens 143.000 €.

Wenn man sich die Entwicklung beispielsweise rund um den Gleisdreieckpark ansieht, ist eher durch massive Neubebauungen von zunehmendem Druck auch auf den Altbestand auszugehen. An der Flottwellstraße und an der Möckernstraße (400 Wohnungen) entstehen große Bauprojekte, die auf die Mietspiegel-Bewertungen durchschlagen. Der Bezirk will nun auch an der Bautzener Straße 12.600 m² als Wohnbaufläche beplanen. Die Anwohner hatten schon lange dafür gekämpft, diese als Grünfläche zu erhalten.

Zumindest für Schöneberg stellt sich die Frage, ob mit Erhaltungssatzungen zumindest weiterer Verknappung von bezahlbaren Mietwohnungen (in Gewerberäume, Ferienwohnungen oder Eigentumswohnungen) entgegengewirkt werden kann. Es wird auch höchste Zeit, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften dämpfend auf Mietpreise einwirken, wozu sie nun endlich verpflichtet werden sollen.

BV H. Gindra